6. Tag der Offenen Tür in der Studiensammlung am 16.10.2012

Der 6. Tag der Offenen Tür der Studiensammlung widmete sich dem Thema "Spinnen im archäologischen Kontext".  Der Bestand an Spinnwirteln, also dem Gewicht an der Handspindel, beträgt über 500 Stück, während vom Spinnrad nur ein Stück in Form einer Metallspindel vorliegt. Diese Objekte stammen meist aus Altsammlungen mit nicht näher festgehaltenen Fundumständen. Spinnwirtel bleiben meist zufällig erhalten, wenn sie in Kontakt mit Feuer kommen. Der Bestand der Sammlung ist daher eine zufällige aber doch repräsentative Auswahl.

Typologisch wenig aussagekräftig, ist er eine gut bekannte aber wenig beachtete Fundgattung. Vornehmlich aus Keramik, selten aus Knochen, Stein oder Metall tritt er in Europa mit der seßhaften Lebensweise auf. Für die als Neolithikum oder Jungsteinzeit bezeichneten Zeitphase ist u. a. die Domestikation von Tier und Pflanze und der Gebrauch von Ton kennzeichnend. In Österreich können erste Spuren um 6500 v. Chr. wahrgenommen werden und damit auch die ersten archäologischen Anzeichen vom Spinnen. 

Am 16.10.2012 waren etwa 300 Spinnwirtel ausgestellt (Abb.1). Anhand einer kleinen Zeitreise konnten die Besucher Spinnwirtel und Utensilien des Spätneolithikums (Abb.2) , Spätbronzezeit (Abb.3), Eisenzeit (Abb.4), Römischen Kaiserzeit und Frühmittelalter (Abb.5) vergleichen, begreifen, experimentell nachbauen und ausprobieren. 

Frau Mag. Dr. Karina Grömer, NHM trug mit ihren Erfahrungen mit Textilfunden aus dem prähistorischen Salzbergwerk in Hallstatt und Frau Lise Bender Jørgensen aus Trondheim stellte die beeindruckenden vorzeitlichen Bekleidungsstücke aus Dänemark vor (Abb.K). Dort wurde der Faden ohne zu Hilfenahme eines Gewichts, also des Spinnwirtels, hergestellt. Sie sind im archäologischem Fundspektrum nicht vorhanden.

Eine Gegenüberstellung von Größen, Formen, Verzierungen und einigen Exponaten aus Übersee rundeten den Überblick ab (Abb.7-9). 

Zeitepochen, in denen der Wirtel nur in seiner Funktion Verwendung fand wechseln mit Perioden ab, wo er darüber hinaus einen herausragenden Platz einnahm: in der Hallstattzeit (ältere Eisenzeit) durch Formreichtum, Oberflächengestaltung und Verzierung, wohingegen in der jüngeren Eisenzeit auch Gefäßwandfragmente durch sekundäre Bohrung zu Spinnwirtel umfunktioniert wurden. Eine weiteren Höhepunkt seiner Präsenz im Alltagsleben kann in frühmittelalterlichen Gräbern beobachtet werden. Sonst meist Fundgattung in Siedlungsresten, ist er hier bei der Bestattung zu beobachten, meist in Hüfthöhe in Frauengräber, was annehmen läßt, dass die Spindel am Gürtel befestigt mitgetragen wurden, um jeden freien Handgriff für der Fadenherstellung zu nutzen (für die Leihgabe der Exponate aus dem awarischen Gräberfeld von Vösendorf-Laxenburgerstraße sei Mag. Franz Sauer, BDA gedankt).

Aus unserer jüngsten Vergangenheit konnte nur Weniges erzählen: die Metallspindel eines Spinnrades und Textilreste aus dem 19. Jhdt (Abb.6). Dafür wurde die Methode der Fadenherstellung dieser Zeit anschaulich durch einen Überblick der historischen Entwicklung, praktischen Ratschlägen und einer Vorführung am Spinnrad von Frau Sissy Kovacs, Volkskundemuseum und Angelika Rudelics ergänzt (Abb.F). 

Erfreulich viele Besucher (Abb. A-C) nutzten die Gelegenheit neue Bekannschaften zu schließen, Diskussionen zu führen und Erfahrungen auszutauschen.

Literatur:

H. Rettich, Spinnradtypen. Eine Sammlung von Hand-Spinngeräthen, Wien 1895.

H. Messikomer, Die Pfahlbauten von Robbenhausen, 1913.

S. Vogt, Geschichte und Bedeutung des Spinnrades in Europa, Aachen 2008.

K. Grömer, Prähistorische Textilkunst in Mitteleuropa, Veröffentlichungen der Prähistorischen Abteilung 4, 2010.

 

 

 

Fotos: Barbara Jilek, Violetta Reiter